Gedenken an die Novemberpogrome in Witzenhausen

Vom 8. auf den 9. November 1938 fanden Pogrome gegen jüdische Menschen in Witzenhausen statt. Es wurden Jüdinnen und Juden verfolgt, misshandelt und in Konzentrationslager deportiert. Um darauf aufmerksam zu machen, hat der Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis eine Gedenkfeier organisiert.Die 10. Gymnasialklassen haben sich im Geschichtsunterricht darüber informiert und vorbereitet. Die Klassen 10a und 10b haben sich ein Interview von Marga Griesbach, geborene Steinhardt, angeschaut. Marga Griesbach ist eine Jüdin, die als Kind in Witzenhausen gelebt hat. In diesem Interview erzählte sie die Geschichte ihres Vaters, wie er lebte, seine Interessen/Eigenschaften und die Ursache seines Todes.Die Gedenkfeier begann am Gedenkstein der alten Synagoge, dort begrüßten uns Martin Arnold und Laura Wallmann, nach einem musikalischen Akt.

Daraufhin lasen Schülerinnen und Schüler aus der Klasse 10b den ersten Beitrag, in dem sie über das Leben der jüdischen Gemeinde berichteten und wie sie integriert war. Doch sie erzählten auch über die Anfänge der Pogromnacht, „wie die Menschen in den Judentempel und Judenschule eindrangen und alles demolierten.“ Möbel, Kleidungsstücke und sogar ein Klavier wurde aus dem Fenster geworfen. Tatsächlich wurde die Synagoge angezündet und fast alles wurde zerstört, außerdem wurden Thora-Rollen zerrissen und sie wurden mit Urin beschmutzt.Nach dem Beitrag der 10b liefen wir zur ehemaligen Papierwarenhandlung Hecht (Südbahnhof Straße 7). Die 10b berichtete dort, wie in kürzester Zeit Fensterscheiben auf den Höfen landeten und wie stark beschädigt die Inneneinrichtung war. Die Polizei verhaftete vier Angehörige der Hitler-Jugend, die zuvor durch das Fenster des Hauses Hechts eindrangen. In der Brückenstraße gab es damals ein Manu­fakturwarengeschäft von Moses Kugelmann, welches auch demoliert wurde.Hinterher sind wir zum Marktplatz gelaufen, wo die jüdische Familie Steinhardt über dem heutigen Geschäft Rossmann wohnte. Während der Reichspogromnacht ließ ihr Vermieter die Lichter im Haus an, um darauf aufmerksam zu machen, dass dort Jüdinnen und Juden leben. Sie verbarrikadierten sich im Schlafzimmer, so dass ihnen in der Nacht nichts geschah. An diesem Haus wurde von der Klasse 10a vorgelesen, wie Marga Griesbach am 9. November in die Schule ging, doch als sie in die Ecke der Steinstraße kam, fand sie zerrissene Thora-Rollen und ähnliches vor. Sie kam gerade an der Synagoge an, als das Klavier des Lehrers aus dem ersten Stock runterfiel. Sie betrat die Synagoge und sah die Zerstörungen, doch dann hörte sie wie jemand schrie: „Guck mal das Judenmädchen“ und von dort an wurde sie von jungen Männern verfolgt. Sie lief die Steinstraße rauf, doch Herr H. stellte ihr ein Bein, woraufhin sie stolperte, aber nicht hinfiel. Am heutigen Geschäft Rossmann befindet sich eine Informationstafel, an der steht, wie später ihr jüngerer Bruder mit 11 Jahren in einem KZ ermordet wurde und ihr Vater ebenfalls. Max Steinhardt (der Vater) wurde erschossen, weil er eine Zuckerrübe unbefugt nahm, doch auf dem Totenschein stand, dass er an Herzschwäche verstarb. Eine solche Fälschung des Totenscheins war kein Einzelfall.Nach diesem Beitrag liefen wir zurück zur Synagoge, an der die 10a weiter davon erzählte, wie die Synagoge brannte, wie die Schule und private Haushalte zerstört wurden.Am 10. November 1938 kam dann die Anordnung, dass männliche, gesunde, arbeitsfähige Juden festgenommen werden sollten. Die meisten Männer wurden gefangen genommen und in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht, doch als sie später entlassen wurden, kamen sie in einem erschreckenden Zustand wieder. Rudolf Grünbaum (ein gefangengenommener Jude) kam mit derselben Kleidung zurück, in der er auch deportiert worden war, sein Körper war vereitert und seine Unterwäsche war in seine Haut gewachsen, doch der Arzt verweigerte sich ihn zu behandeln.Nach der Lesung der Klasse 10a kam ein Fazit von Laura Wallmann und Martin Arnold und ein musikalischer Beitrag. Ludger Arnold bedankte sich am Ende noch bei den Mitwirkenden und anschließend fand noch eine ökumenische Andacht mit Pfarrer Brack von der evangelischen Kirche Witzenhausen statt.An der Vergangenheit kann man leider nichts mehr ändern, deswegen müssen wir besonders heute darauf aufmerksam machen, dass Hass, Gewalt und Ausgrenzung keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.

Für die Klassen 10a und 10b von Malaika Konzi und Franziska Reimer 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .