Berlin Rebel High School

Berlin Rebel High School

Beim 93. Witzenhäuser Filmgespräch, geleitet von Katharina Franke (Partnerschaft für Demokratie im WMK), waren neben 50 interessierten Gästen nach dem Film „Berlin Rebel High School“ der Regisseur Alexander Kleider, der Schulleiter der Johannisbergschule Witzenhausen, Andreas Hilmes, die Vorsitzende des Elternbeirats, Thorgit Winter und Lukas Schwendel als Vertreter der SV (Schülervertretung) der JoBergSchule anwesend.

Der Filmemacher Andreas Kleider hat eine Gruppe von Berliner Schülern auf ihrem Weg zum Abitur begleitet. Sie alle sind Teil einer Klasse der Schule für Erwachsenenbildung (SFE) in Berlin. Seit 1973 besteht die SFE als basisdemokratisches Projekt, ohne Direktor, ohne Noten. Bezahlt werden die Lehrkräfte von den Schülern, die gemeinsam über alle organisatorischen Fragen abstimmen.

Die Doku „Berlin Rebel High School“ erzählt mit viel Witz und Energie von einer radikal anderen Idee von Schule, die Freiheit und Gemeinschaftlichkeit zusammenbringt. Was oft als Leistungsdruck verdammt wird, definieren die Schüler kurzerhand um. Sie sind unbelehrbar und dabei extrem neugierig, sie sind eigen- und doch auch lernwillig. „Berlin Rebel High School“ zeigt mit viel Begeisterung, Sensibilität und Kraft, wie viel gemeinsame Zukunft in dieser Kombination stecken kann.

Der Film wurde mit reichlich Applaus belohnt.

Alexander Kleider war vor vielen Jahren selbst Schüler der SFE und hat somit eigene Erfahrungen an dieser Schule gemacht. Er legte dort erfolgreich sein Abitur ab.

Die erste Frage, wie man es schaffe, ein Bewusstsein für Demokratie zu schaffen, beantwortete Herr Hilmes mit einem Zitat von John Dewey: „Ein Gramm Erfahrung ist besser als eine Tonne Theorie.“ Demokratie müsse für die Schüler erfahrbar gemacht werden, es gelte also, Erfahrungswissen in Schulen zu schaffen. Demokratie fange in der Schule an, zum Beispiel bei der Wahl der Klassensprecher.

Lukas, der in der SV der Schule mitarbeitet, sagte, dass die SV zum Beispiel plane, mit ihrem Wissen in die 5. Klassen zu gehen, um Schüler bei Wahlen und Ähnlichem zu beraten, ihnen zu helfen. Er sagte, dass die Schüler sich mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten wünschen. Oft würden in einer Woche zu viele Arbeiten geschrieben, da sei kaum Zeit, nach rechts und links zu sehen. Lukas wünscht sich weiterhin Möglichkeiten, in der Schule mitzubestimmen und sie offen und lebendig zu gestalten.

Allen Gästen erschien wichtig, in der Schule gemeinsam einen Lernraum zu schaffen, der weniger Angst belastet ist. An den kommenden Pädagogischen Tagen soll an dem neuen Raumkonzept an der Schule gearbeitet werden, und das unter Mitarbeit von Eltern, Lehrern und Schülern. Die Schüler sollen mitgenommen werden, ihren Lern- und Arbeitsbereich mitzugestalten.

Der Einwand eines Zuschauers war, dass Schülern bisweilen nur suggeriert werde, mitbestimmen zu können, ob Möbel nun rot oder blau werden, die wahre Entscheidungsmacht liege nicht in den Händen von Schülern. Alexander Kleider bestätigte, dass durch Suggerieren kein Vertrauen aufgebaut werden kann, sondern dass auch Entscheidungen an Schüler abgegeben werden sollen, die uns durchaus einmal wehtun können.

Herr Hilmes gab zu denken, dass man mit vermeintlich kleinen Entscheidungen, mit Mitgestaltungsideen und Teilnahme der Schüler an Entscheidungsprozessen einen Anfang setzen kann. Mitbestimmung bedeute aber immer auch Mitverantwortung. Von heute auf morgen sei es nicht zu schaffen, alles zu ändern. Zitat: „Wir sind im System drin, wissen aber, wie es besser geht.“

Wolfgang Wedekind, pensionierter Lehrer an der Montessorischule, kritisierte, dass Schule alle paar Jahre zum Spielball der Politik werde und das nicht sein dürfe. Schule brauche Ruhe zur Entwicklung.

Ein anderer Zuschauer warf ein, dass Menschen Selbstbestimmtheit brauchen. Mitbestimmung im Schulalltag sei also wichtig. Solidarität schaffe es, Konkurrenzdenken auszuhebeln.

Einwürfe des Publikums, die Wirtschaft dirigiere das Konkurrenz- und Leistungsverhalten an Schulen, entgegnete Raagnar Feldmann (Inhaber der Kommunikationsagentur Friends-in-box), dass es durchaus Betriebe im Wirtschaftsbereich gebe, die aus einem anderen Blickwinkel schauen und nicht ausschließlich auf Zeugnisleistungen sehen, sondern durch fundierte Einstellungsgespräche Entscheidungen zur Einstellung treffen.

Viele Zuschauer schienen sich eher an schlechte Erfahrungen in ihrer Schulzeit zu erinnern. Dies zeige deutlich, dass Schule in Bewegung bleiben müsse. Alle Beteiligten gehören zusammen ins Boot, wenn es darum geht, Schätze zu heben und nicht Fehler zu suchen..

Auch für die Elternbeiratsvorsitzende Thorgit Winter ist das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und Schülern wichtig. Neben den Lehrern, die sich aus dem Film ein paar Anregungen für gute Ergebnisse durch mehr Eigenverantwortung mitnehmen können, sei auch das Elternhaus gefordert. Man dürfe nicht übermäßig behüten, sondern müsse auch loslassen üben.

Nach diesem anregenden Gespräch bleibt zu sagen, dass dieser sehenswerte und beeindruckende Film ein weiteres Mal im Kino zu sehen sein wird.

U.Schuhmacher

 

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